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8. Dezember

Es gab schlechte und gute Tage im Leben. Und heute war garantiert ein schlechter. Gleich am morgen gab es drei Dinge, die mir nicht gefielen. Erstens war ich während der Nacht wieder aufgewacht. Das konnte auf Dauer nicht gesund sein. Bestimmt hatte ich riesige Augenringe im Gesicht und litt an unglaublich großem Schlafmangel. Zweitens, hatte ich meine Brille verlegt und Dove und ich (obwohl ich keine große Hilfe dabei war) verbrachten eine halbe Stunde damit, sie wieder zu finden. Drittens bemerkte ich, als ich meine Brille nun wieder hatte, dass es aufgehört hatte zu schneien. Der Schnee war gerade dabei zu schmelzen.

 

So war natürlich vorausgesetzt, dass ich heute schlechte Laune hatte. So etwas kam zum Glück nur selten in meinem Leben vor. Aber trotzdem. Ich meckerte, da es am morgen nicht meine Lieblingsmarmelade gab und weil es heute, am zweiten Advent, keine Weihnachtsdekoration gab. Ich vermisste den Adventskranz. Generell, das Weihnachtsfeeling fehlte. Außerdem verhielt sich Dove heute ziemlich komisch. Sie aß sehr wenig und hielt sich bei jeder Gelegenheit irgendwo fest. So langsam machte ich mir Sorgen um sie. Außerdem war sie blasser als sonst. Irgendetwas war doch mit ihr los. Aber was?

 

Als wir heute dabei waren, unsere Hausaufgaben zu erledigen (Mathe - und ich kriegte mal wieder NICHTS hin, was meine Laune nicht gerade verbesserte), griff ich das Thema auf. ,,Hey Dove, was ist eigentlich mit dir los?“ Sie wirkte überrascht, als ich das fragte. Perplex schaute sie mich an, dann meinte sie, dass nichts sei. Die glaubte doch nicht ernsthaft, dass ich ihr das abkaufte.

 

,,Wenn ich heute schon nicht den zweiten Advent feiern kann, will ich wenigstens wissen, was mit dir los ist. Also jetzt sag.“, meinte ich grimmig und starrte verbissen auf die Zahlen in meinem Heft. Ich kam einfach nicht auf das verdammte Ergebnis. Wütend schmiss ich meinen Stift auf den Boden.

 

,,Es ist nichts! Und selbst wenn etwas wäre, würde ich dir das nicht sagen, wenn du so aggressiv bist.“, rief sie und bückte sich, um meinen Bleistift aufzuheben. Ich bedankte mich, und knobelte weiter.

 

,,Okay, dann jetzt noch einmal nett. Allerbeste Freundin Dove, würdest du mir bitte sagen, was in letzter Zeit nicht mit dir in Ordnung ist?“, sagte ich mit zuckersüßer Stimme. Meine allerbeste Freundin Dove machte aber nur Kotzgeräusche und beschwerte sich, dass das viel zu kitschig klang. Der konnte man es aber auch nie Recht machen! Mit einem finstren Blick starrte ich auf sie. Dünn war sie in den letzten sechs Tagen geworden. Und ihre Haare sahen ganz ungepflegt und struppig aus, nicht so schön glatt wie sonst. Sogar ein Blinder würde merken, dass etwas nicht mit ihr stimmte.

 

,,Jetzt schau mich nicht so grimmig an. ICH kann nichts für deine schlechte Laune. Und jetzt gib mir dein Heft, so wirst du doch nie fertig.“ Sie schnappte sich mein Heft und knobelte an meiner Stelle an den Aufgaben. Anscheinend war das Thema jetzt abgehakt. Also saß ich eine Weile einfach nur dumm durch die Gegend starrend auf meinem Stuhl, bis mein Blick durch meine unglaublich blauen Augen auf meinen Weihnachtskalender fiel. Es waren kleine Söckchen mit Schokoriegeln oder anderen Süßigkeiten gefüllt. Und heute hatte ich vergessen, mir meine Leckerei herauszunehmen. Ich hatte eine Idee.

 

,,Hey Dove, was hältst du davon, wenn du heute an meiner Stelle den Kalender öffnest?“, fragte ich sie, nachdem sie mit den Mathehausaufgaben fertig war (alles richtig!). Zuerst schaute sie mich nur einen Moment ungläubig an, dann verfiel sie in ein hysterisches Lachen. ,,ich glaube, du kapierst es nicht, ich HASSE Weihnachten.“

 

,,Jaah, aber nur weil du nicht weißt, wie es ist. Und vielleicht ist das öffnen des Weihnachtskalender der erste Schritt dazu, dass du Weihnachten magst?“, versuchte ich es. Keine Chance. Sie schüttelte nur den Kopf und verließ das Zimmer.

 

Und nun war ich wieder am Anfang. Dieser Tag hat mies begonnen und endete mies. Ich hatte mir in den Kopf gesetzt, Dove dazu zu bringen, Weihnachten zu mögen. Und außerdem wollte ich herausfinden, was mit ihr nicht in Ordnung war. Sie war in Ohnmacht gefallen und sah auch sonst einfach nur k.o. aus. Beides herauszufinden, hatte ich mir fest in den Kopf gesetzt. Und wenn ich mir einmal etwas in den Kopf gesetzt hatte, zog ich es auch durch!

 

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