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18. Dezember

Vollkommen müde wachte ich heute morgen auf, wir hatten gestern noch sehr lange Dove’s Geburtstag gefeiert. Kaum zu glauben, dass sie jetzt 13 Jahre alt war. Und kaum zu glauben, dass sie in ein paar Tagen sterben würde. Immer, wenn ich daran dachte, verkrampfte sich alles in mir und meine Augen füllten sich mit Tränen. Ich wollte es nicht wahrhaben.

 

Weg mit diesen düsteren Gedanken! Heute hatten wir vor, die anderen Mädchen überreden, dass Weihnachten toll war. Aber Dove hatte da noch so ihre Zweifel.

 

,,Vergiss es, nie im Leben werden wir alle umstimmen.“ Sie verschränkte die Arme vor ihrer Brust. ,,Eher bricht das Waisenhaus zusammen.“

 

,,Ich weiß, ich weiß.“, sagte ich sanft. ,,Aber wir müssen ja nicht ALLE überreden. Reicht ja, wenn ein paar umgestimmt sind, oder nicht?“

 

,,Da hast du auch wieder recht.“

 

,,Und außerdem hab ich ein ausschlaggebendes Argument, warum sie Weihnachten mögen MÜSSEN!“ Ich blickte zu den Wichtelgeschenken, welche wir gleich neben meinem Bett gestapelt hatten. Am 22. Dezember würden wir sie einpacken, dazu hatten wir auch noch Geschenkpapier gekauft, welches in den unterschiedlichsten Farben glänzte.

 

,,Na gut. Dann nichts wie auf zu den anderen.“

 

Im Aufenthaltsraum waren viele schwatzende Mädchen. Auch Alice war dort, sie saß in einem altem Ledersessel und las. Wir hatten uns ausgemacht, dass wir zuerst zu Alice gehen würden, da sie am einfachsten zu überreden war.

 

,,Na?“, fragte ich auffallend unauffallend. Sie guckte verwundert von ihrem Buch auf. ,,Was ist los?“

 

Und so begannen wir das Gespräch. Wir erzählten ihr von den vielen tollen Sachen, die Weihnachten mit sich brachte. Und wie wir es uns gedacht hatten, war sie sofort Feuer und Flamme.

 

,,Na wenn das so ist, dann ist Weihnachten ja doch total toll. Um ehrlich zu sein, hab ich mich immer gefragt, was die anderen daran nicht toll finden. Also, wenn ihr wollt kann ich euch helfen, auch die anderen zu überreden, ich kann so etwas gut. Übrigens sehr cool von euch, dass ihr uns etwas schenkt!“ Stolz schaute sie zu uns hoch, dann stieg sie aus ihrem Sessel. ,,Hey Lucie, ich muss mal kurz mit dir reden!“ Zu uns sagte sie:,,Viel Glück euch noch, wir sehen uns dann beim Abendbrot!“ Dann hüpfte sie davon.

 

,,Hat ja super geklappt!“, rief ich glücklich und gab Dove ein High Five. Doch leider war Alice eine der wenigen, die sich so leicht überzeugen ließ.

 

,,Weihnachten und toll? Seid ihr komplett bescheuert?!“, meinte ein braunhaariges Mädchen, ungefähr sechzehn. Sie sah uns mit einem missbilligendem Blick an.

 

,,Ja, Weihnachten ist toll. Und nein, wir sind nicht bescheuert.“, entgegnete Dove.

 

,,Und warum soll Weihnachten Bitteschön toll sein?!“ Das Mädchen fuhr sich durch seine Locken.

 

,,Na ja, du hockst mit deinen Freunden drinnen, wenn es draußen schön kalt ist, und außerdem gibts leckeres Essen und Geschenke.“, sagte ich und dachte an den riesigen Stapel in unserem Zimmer. Das alles einzupacken würde eine Menge Arbeit machen.

 

,,Schön und gut, aber Geschenke?! Wer würde uns denn etwas schenken?“, rief sie entrüstet.

 

,,Wir!“, frohlockte ich und stupste Dove an.

 

,,Ja ja, wir haben nämlich für jeden von euch ein Geschenk gekauft.“ Dove hüpfte auf und ab.

 

,,Na das will ich mal sehen…“ Damit wandte sich das braunhaarige Mädchen von uns ab. Ich schaute prüfend zu Dove. Doch sie hatte das Selbstbewusstsein nicht verloren und war schon auf dem Weg zu jemand anderem. Schnell rannte ich ihr hinterher.

 

Dabei kam mir ein Gedanke.

 

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